Vom Tier zum Mensch



In der Grafik ist die tierische Entwicklungslinie gelb gezeichnet, sie ist relativ geradlinig und führt zu den heutigen Schimpansen. Die pinkfarbene menschliche Linie schwingt sich in einer dramatischen Kurve hoch bis zum Homo sapiens.

Rangordnung nach Ansehen

Die Baumwipfelaffen

Die Abspaltung der Menschheit von dem Tierreich begann vor sechs bis acht Millionen Jahren. Die Menschenaffen wurden immer schwerer. Sie litten unter der Geißel der Tierwelt: der sexuellen Auslese durch Kampfkraft. Vor allem die Männchen hatten große Muskelpakete und ein Gebiss wie ein Raubtier. Weibliche Gorillas werden 70 bis 90 kg schwer, Männchen dagegen bis 275 kg. Damit sind sie kaum noch kletterfähig. Sie brauchen diesen massigen Körper für Rivalenkämpfe, dafür haben sie noch große Reißzähne entwickelt. Der Scheitelkamm oben am Kopf dient als Ansatzstelle für die Beißmuskeln, der Nuchalkamm am Nacken verstärkt die Armmuskeln. Für ein normales Leben als Affe im Urwald sind sie völlig falsch entwickelt. Aber nur die Stärksten können sich fortpflanzen. Ein normal gewichtiges Männchen hätte es in seinem Leben zwar leichter, aber er wird beim Kampf um die Weibchen würde er weggebissen und kann seine an sich guten Gene nicht weitervererben. Nur die Stärksten konnten ihr Erbgut weitergeben, mit den Eigenschaften stark, groß und ein mächtiges Gebiss. Gorillas und Schimpansen verlagerten ihren Lebensmittelpunkt immer mehr auf den Boden und entwickelten dafür den typischen Gang: Vornübergebeugt stützen sie sich auf den Fingerknöcheln ab. Dies ist nicht der Vorläufer des menschlichen aufrechten Ganges, sondern eine Spezialentwicklung überschwerer Affen. Oben in den Baumwipfeln entstand eine ökologische Nische. Früchte hingen an Zweigen, die so dünn waren, dass auch kleine Affen sie nicht erklettern konnten. Doch ein großer, leichter Affe hatte die Möglichkeit, von einem unteren, stabilen Ast aufzurichten, hoch zu langen und die Früchte zu pflücken. In diese Nische entwickelten sich in Afrika die Baumwipfelaffen. Sie waren groß und schlank, mit langen Armen, ähnlich den asiatischen Gibbons. Je größer und leichter sie waren, desto höher konnten sie klettern und greifen. Die Umwelt gab die optimale Größe und Gewicht vor. Die Weibchen wurden größer, die Männchen bauten die überschüssigen Kampfmuskeln ab und ihr Gebiss verlor die Reißzähne. Sie richteten sich hoch auf und entwickelten den aufrechten Stand auf den Ästen. Die Position des Hinterhautlochs verschob sich, dadurch konnten sie den Kopf freier drehen und Früchte, andere Affen oder angreifende Raubvögel früher erkennen. Es gab keine Kämpfe um die Rangordnung. Wahrscheinlich entwickelten die Weibchen erste Ansätze zu einem Matriarchat, indem sie sich nicht von einem beliebigen Männchen befruchten ließen, sondern selbst einen attraktiven Partner auswählten, der möglichst hoch klettern konnte, und ihr Früchte als Geschenk mitbrachte. Beim abendlichen Entlausen wuchs die emotionale Nähe und führte dann zur Auswahl als Partner. Natürlich können die wenigen Funde, die wir aus dieser Zeit haben, nur Hinweise geben. Klar ist nur, dass sich die sexuelle Auslese verlagerte. Neue Ausrichtung der Evolution bei den Baumwipfelaffen: * ein langer, leichter Körper ohne überflüssige Muskeln * ein Gebiss zum Abbeißen und Zermahlen, ohne Reißzähne zum Kämpfen * aufrechtes Stehen auf Ästen * Verlagerung des Hinterhauptloches zur besseren Beweglichkeit des Kopfes * Geschicklichkeit der Hände * soziale Fähigkeiten Die Geschicklichkeit der Hände wird sowohl von den Händen, also dem Körper, als auch von der Steuerung durch das Gehirn bestimmt. Die sozialen Fähigkeiten sind ausschließlich eine Funktion des Gehirns. Damit rückte das Gehirn mehr und mehr in den Mittelpunkt der Evolution. //